Im Jahr 2016 war es endlich soweit: Zu mir, meinem heutigen Ehemann Manuel und unseren beiden Katzen zog unser erster gemeinsamer Hund namens Hardy bei uns ein. Als frischgebackene und ambitionierte Hundeeltern eines pubertierenden Tierschutzhundes wollten wir natürlich alles richtig machen und gingen in die Hundeschule. Ok gut, es waren letztendlich mehrere Hundeschulen. Denn leider habe ich mich bei vielen – leider immer noch praktizierten – Trainingsmethoden sehr unwohl gefühlt. Ich wollte meinem Hund weder physisches noch psychisches Leid zufügen, denn Hardy war und ist für mich ein Familienmitglied, ein Sozialpartner und auch ein Schutzbefohlener. Ich hatte den Wunsch, mehr über Hunde und ihre Beziehung zum Menschen zu lernen, weil ich das Gefühl hatte, dass manche Trainingskonzepte nicht mehr zur Rolle des Hundes in unserer Gesellschaft passten. Aber natürlich beschäftigten mich auch Fragen wie: Bin ich zu empathisch oder zu sensibel? Kann ich deswegen meinem Hund gegenüber kein richtiger „Anführer“ sein?
Als Sprachwissenschaftlerin war für mich auch klar: Ein Indiz für eine Beziehung ist die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren. Also entschied ich, meine Masterarbeit im Bereich Linguistik empirisch über die „Pet–Directed–Speech“ zu schreiben. Für meine Studie erhielt ich den Fakultätspreis der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln.
Solveig Yelena Zumdiek (geb. Aldag):
Receiver–directed speech: Zu Typen und möglichen Funktionen adressaten-spezifischer Sprechweisen
Wer den Titel der Masterarbeit von Frau Zumdiek liest, wird vielleicht überrascht sein, wenn er erfährt, um welche „Adressaten“ es hier geht: Untersucht wird nämlich die Kommunikation der Menschen mit ihren Hunden. Wie reden wir mit Hunden, wenn diese nicht mehr Haus und Hof bewachen, sondern sich in das Heim und das Herz ihrer Besitzer geschlichen haben? Wir kaufen unserem Hund ein Bettchen, Leine und Halsband oder gar etwas zum Anziehen, geben ihm Spielzeug, einen personalisierten Napf und hochwertiges Premiumfutter. Und wie reden wir mit ihm? Wir reden mit dem geliebten Vierbeiner wie mit unseren Kindern – so jedenfalls das Resultat dieser ebenso originellen wie erhellenden Studie.
Eingebettet in eine umfassende Darstellung der Kommunikation mit Kleinkindern und Hunden im Deutschen weist die Verfasserin eine deutliche Parallelität des Babytalks mit Kindern und der Kommunikation mit Hunden nach. Anschließend diskutiert die Autorin verschiedene Deutungsmöglichkeiten – Spracherlernen kann ja beim Hund keine Rolle spielen – und kommt letztendlich zu der Schlussfolgerung, dass Aufmerksamkeitserzeugung und die emotionale Hund–Mensch–Bindung vermutlich die zentralen Ursachen für diese Ähnlichkeit sind.
Die Autorin hat ihre Daten sehr gründlich erhoben, ihre Interpretation ist methodisch reflektiert und wird gut nachvollziehbar dargelegt. Es handelt sich um einen sehr gut informierten und hervorragend lesbaren Text. Eine derartige empirische Studie wurde wohl erstmals für das Deutsche durchgeführt und verdient auch deshalb die heutige Auszeichnung.
Quelle: https://phil-fak.uni-koeln.de/studium/examensfeier/archiv/examensfeier-wise-2018-2019
Nachdem ich mich also intensiv mit der Mensch–Hund–Kommunikation beschäftigt hatte und mich in meinem Gefühl bestätigt sah, dass sich der Hund vom „Nutztier“ mit bestimmten Aufgaben zum Sozialpartner entwickelt hatte, wollte ich lernen, wie ein dazu passendes Training aussehen kann. Ich wollte gerne eine Ausbildung zur Hundetrainerin machen, um auch mehr über die Hund–Hund bzw. Hund–Mensch–Kommunikation lernen. Aber ich bin nicht dem Weg meines Herzens gefolgt, sondern suchte mir einen „angesehenen“ und „vernünftigen“ Job, der mich dann irgendwann in einen Burnout führte. Ich zog die Reißleine, in ein neue Stadt und machte die Ausbildung.
Bis heute ist die Kommunikation eines meiner absoluten Herzensthemen. Nur wenn wir verstehen, was ein Hund wie versteht und wie wir ihm fair und gewaltfrei gegenüber kommunizieren können, können wir ein vertrauensvolles Fundament aufbauen.
Neben all dem Wissen, das ich über Hunde lernen durfte und auch immer noch darf, musste ich mich auf meinem Weg aber auch immer und immer wieder mit mir selbst beschäftigen. Ich hatte anfangs und auch zwischendurch immer wieder das Gefühl, dass meine Empathie ein Nachteil für meine Arbeit als Hundetrainerin sein könnte, denn so wurde es mir oft gespiegelt. Inzwischen weiß ich aber, dass diese Eigenschaft eine meiner größten Stärken ist. Denn dadurch kann ich mich in dich hineinversetzen. Ich kann dazu stehen, dass ich mit meinen beiden Tierschutzhunden eine bunte Palette an „Special Effects“ durchlebt habe und rede auch ehrlich darüber, dass auch ich weinend mit meinem Hund auf dem Arm nach Hause gerannt bin, weil ich nicht mehr konnte. Ich verurteile dich nicht, wenn du an einem Tiefpunkt stehst. Ich weiß, wie sich das anfühlt und bin für dich da.
Unter anderem ist es mir auch deshalb so wichtig, nicht nur den Hund zu trainieren, sondern dich aktiv miteinzubeziehen. Denn ein Team besteht immer aus zwei Individuen mit jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen, die beide miteinfließen müssen. Die beste Methode und der beste Hundetrainer der Welt helfen dir und deinem Hund nicht, wenn du als Mensch nicht wirklich miteinbezogen wirst. Und wenn du mit deinen Werten und vielleicht auch deinen eigenen Themen und Blockaden nicht verstanden und gesehen wirst.
Ein Team kann nur dann wachsen, wenn beide Parteien sich auf den Prozess einlassen.
Genau das war nämlich der Grund, wieso ich mich damals so unwohl gefühlt habe – ich wurde nicht gehört und nicht verstanden. Mir wurde auch nicht erklärt, wieso genau diese Methode für MEINEN Hund das Richtige sein soll. Mir wurde nur suggeriert, dass ich dann eben nicht gut genug wäre.
Hätte ich nach dem Burnout nicht bei mir hingeguckt und mich weiterentwickelt, dann hätte ich mein WARUM nicht leben können. Hätte ich meine Erfahrungen nicht dazu genutzt, selbst zu wachsen und sie als etwas Positives zu bewerten, dann hätte ich mich versteckt und könnte dich jetzt nicht ganzheitlich unterstützen. Hätte ich nicht auf meine Intuition gehört, dann hätte ich jetzt nicht die Bindung zu meinen Hunden, die ich mir gewünscht habe.
Ich freue mich, wenn auch du dich dazu entscheidest für dich und deinen Hund loszugehen und ich dich dabei unterstützen darf!
Alles Liebe für dich und deinen Hund,
Solveig